Als Bewohnerin der Fördelandschaft habe ich schon viele Male beobachtet, wie Salzwiesen still und schleichend verschwinden: durch Verbuschung, Erosion, fehlende Pflege oder wilde Wegeführung. Salzwiesen sind jedoch wichtige Küstenbiotope — sie puffern Sturmfluten, filtern Nährstoffe, bieten Lebensraum für Vögel und Insekten und speichern Kohlenstoff. In diesem Beitrag erzähle ich dir, wie du in deiner Nachbarschaft eine Patenschaft für eine Salzwiese starten kannst — praktisch, rechtssicher und mit echten Erfolgen.
Warum eine nachbarschaftliche Patenschaft Sinn macht
Eine Patenschaft bringt Menschen zusammen, sensibilisiert für den Küstenschutz und liefert vor Ort konkrete Verbesserungen. Oft fehlen Behörden Ressourcen für die regelmäßige Pflege oder für Bildungsangebote. Eine Nachbarschaftsinitiative kann diese Lücke füllen, indem sie Pflegeaktionen organisiert, Monitoring durchführt und lokale Bildungsarbeit macht.
Erste Schritte: Fläche finden und Infos sammeln
Bevor du mit Werbung für Freiwillige beginnst, solltest du folgende Punkte klären:
- Eigentümer herausfinden: Ist die Fläche öffentlich (Gemeinde, Kreis, Staat) oder in privatem Besitz? Bei öffentlichen Flächen ist oft das Grünflächenamt, das Amt für Naturschutz oder die Untere Naturschutzbehörde zuständig.
- Rechtlicher Status: Steht die Fläche unter Naturschutz, ist es ein Landschaftsschutzgebiet oder FFH-Gebiet? Das beeinflusst, was ihr tun dürft.
- Schutzwürdige Arten und Strukturen: Gibt es geschützte Pflanzen oder Nistplätze, die besondere Maßnahmen verlangen?
- Vor-Ort-Check: Wie ist der Zustand (Verbuschung, Müll, Abbruchkanten, Trampelpfade)? Mache am besten Fotos und notiere Problemstellen.
Behörden einbinden — besser früh als spät
Meine Erfahrung: Behörden reagieren positiv, wenn du ihnen ein sinnvolles, durchdachtes Konzept anbietest. Vereinbare ein Treffen oder schreibe eine E-Mail mit folgenden Punkten:
- Konkrete Fläche (Kartenlink oder Flurstücksnummer), Fotos und Zustand
- Vorschlag für Aktivitäten (Pflege, Müllsammeln, Pflege von Zugängen)
- Wie viele Freiwillige geplant sind und wie oft Aktionen stattfinden sollen
- Angebot, Verantwortung für Kommunikation und Dokumentation zu übernehmen
Oft bekommt man von der unteren Naturschutzbehörde sofort Hinweise zu Schonzeiten (z. B. Vogelbrutzeiten) oder zu benötigten Genehmigungen. Wenn doch eine Genehmigung nötig ist, unterstützen dich viele Behörden bei der Antragstellung — das habe ich bei einem kleinen Projekt in meiner Gemeinde erlebt.
Team aufbauen: Rollen und Kompetenzen
Eine Patenschaft funktioniert besser, wenn Aufgaben verteilt sind. Du kannst das so strukturieren:
- Koordinator/in: Kontakt zur Behörde, Organisation von Terminen
- Pflegeteam: Freiwillige, die Hecken schneiden, Mahd organisieren oder Müll entfernen
- Bildungs-/Kommunikationsteam: Führungen, Infoflyer, Social-Media-Posts
- Monitoring-Team: Vogelzählungen, Fotodokumentation, Pflanzenlisten
- Fundraising/Materialbeschaffung: Austausch mit lokalen Firmen, Antragstellung für kleine Fördermittel
Konkrete Aktivitäten, die du starten kannst
Je nach Zustand der Salzwiese sind unterschiedliche Maßnahmen sinnvoll. Hier ein Katalog mit erprobten Aktionen:
- Müll- und Plastik-Sammelaktionen: Schnell und sichtbar — bring Handschuhe, Greifer, große Säcke mit.
- Entbuschung und Offenhalten: Entfernen von aufwachsenden Sträuchern per Hand oder Säge, immer mit Rücksicht auf Brutzeiten.
- Kontrollierte Beweidung: In Absprache mit der Naturschutzbehörde kann Beweidung durch Schafe oder Pferde die Artenvielfalt fördern.
- Wegelenkung: Legen von klaren Pfaden mit einfacher Beschilderung, damit Besucher die sensiblen Bereiche meiden.
- Renaturierungsprojekte: Kleine Gräben auffüllen oder natürliche Wasserrückhalte fördern — oft in Kooperation mit Fachstellen.
- Bildungsveranstaltungen: Vorträge, Vogelstimmen-Workshops oder Strandexkursionen für Kinder und Erwachsene.
Genehmigungen, Schutzzeiten und Vorsicht
Wichtig: Viele Maßnahmen sind in Brutzeiten (Frühjahr bis Anfang Sommer) problematisch. Auch das Entnehmen von Pflanzen ist oft verboten. Kläre unbedingt mit der zuständigen Naturschutzbehörde, bevor ihr zu Schere und Astschere greift. Manchmal reicht eine einfache Meldung, manchmal ist eine schriftliche Zustimmung nötig — das hängt vom Schutzstatus ab.
Finanzen und Material: Wie man kleine Budgets nutzt
Meist braucht ihr nur wenig Geld: Handschuhe, Rechen, Sägen, Müllsäcke, vielleicht Schilder. Möglichkeiten zur Finanzierung:
- Lokale Förderprogramme (Bürgerprojekte, Umweltstiftungen)
- Spenden von Unternehmen (z. B. Gartenbaubetriebe, Baumärkte wie toom oder OBI spenden manchmal Material)
- Kleinbudgets durch Crowdfunding oder Nachbarschaftskasse
- Sachspenden: Eine Gärtnerei vor Ort liefert eventuell nektarpflanzenfreundliche Stauden
Monitoring: Erfolge sichtbar machen
Dokumentation ist das A und O. Wir haben mit einfachen Mitteln gearbeitet:
- Fotopunkte: Feste Standorte, von denen aus Fotos im Abstand von Monaten/Jahren gemacht werden
- Artlisten: Eine Liste seltener Pflanzen oder beobachteter Vogelarten
- Einfaches Monitoring-Formular für Freiwillige (Datum, Aktivität, Beobachtungen)
Diese Daten helfen nicht nur bei der Kommunikation nach außen, sondern zeigen Behörden auch, dass eure Arbeit wirkt — das öffnet Türen für weitere Unterstützung.
Bildung und Vernetzung: Die stärkste Wirkung
Ein Patenschaftsprojekt ist noch erfolgreicher, wenn ihr es mit Bildungsangeboten verknüpft. Ich organisiere gern kleine Führungen für Schulklassen oder Nachbarschaften und verteile Flyer mit Verhaltensregeln (z. B. Hunde an der Leine, Wege benutzen). So entstehen langfristig Verhaltensänderungen.
Beispiele aus der Praxis
| Projekt | Maßnahme | Ergebnis |
| „Wiesenwächter“, kleine Gemeinde | Monatliche Pflegeaktionen, Vogelzählungen | Mehrjährige Zunahme an Watvogelbruten; Gemeinde übernimmt Materialkosten |
| Nachbarschaftspatenschaft Förde | Trampelpfade eindämmen, Informationsschilder | Ruhigere Brutplätze, besserer Besucherfluss |
Kommunikation: Wie du Freiwillige und Unterstützer findest
Gute Kanäle sind lokale Facebook-Gruppen, Aushänge in Supermärkten, Kooperation mit Schulen, Kirchen oder dem NABU vor Ort. Ein klarer Call-to-Action hilft: „Komm am Sonnabend, 10 Uhr, mit Handschuhen — wir kümmern uns eine Stunde um die Salzwiese.“
Tipps für den Start-Newsletter oder Flyer
- Kurz und konkret: Ziel, Treffpunkt, Dauer, Mitbringen
- Kontaktperson und Telefonnummer
- Hinweis auf notwendige Kleidung (Gummistiefel, wetterfeste Kleidung)
- Erklärung, warum gerade diese Fläche wichtig ist
Wenn du möchtest, kann ich dir eine Muster-E-Mail für das erste Gespräch mit der Unteren Naturschutzbehörde oder eine Vorlage für einen Aushang schreiben, die du direkt anpassen und nutzen kannst. Solche kleinen Hilfen machen den Einstieg für Nachbarn viel leichter.